Dienstag, 26. Mai 2015

Duell der alten Damen - 1. FC Normannia Gmünd gegen FV Olympia Laupheim

Gemeinsam für den Amateurfußball

Wenn der 1. FC Normannia Gmünd gegen den FV Olympia Laupheim spielt, dann ist das schon eine sehr interessante Konstellation. Beide Vereine wurden 1904 gegründet und feiern somit 2015 ihren "einundelfzigsten" Geburtstag. Aber es gibt noch mehr Gemeinsamkeiten, wie z. B. die lange Tradition des Stadions oder der lange Fortbestand ohne nennenswerten Fusionen oder Namensänderungen. Zudem ist in der Verbandsliga Württemberg Olympia neben Normannia der einzige Verein mit einem "richtigen" Vereinsnamen, und nicht nur ein schnödes TSV oder 1. FC. Und der FV Olympia hatte sogar früher einmal eine Radball-Abteilung, was ihn wieder mit Normannia verbindet. Zu guter letzt: eine Mannschaft, die einen Jablonski in den Reihen hatte (1969/70), muß einfach sympathisch sein.

Trotz dieser Tradition und der langen gemeinsamen Geschichte trafen sich beide Vereine nur sehr selten in einer Liga, neben der aktuellen Saison schon 1950/51 in der Amateurliga Württemberg sowie noch einmal in der Verbandsliga Württemberg 2003/04, als beide Vereine ihre Hundertjahrfeier hatten.

Mahnmal für die gefallenen
Olympianer zweier Weltkriege

Aber langsam der Reihe nach. Am 4. April 1904 gründeten elf junge Laupheimer im Gasthaus "Paradies" den Fußball- und Faustballclub Olympia Laupheim, der Verein ist damit sogar ein paar Monate älter als die Normannia. Zudem ist Olympia einer der ältesten Fußballvereine Oberschwabens. Am 14. Dezember 1904 schloß sich der FV Germania 04 dem Club an. Aus dieser frühen Vereinsphase liegt in meinem Archiv nichts vor, im 1. Weltkrieg kam der Fußball in Laupheim wie Andernorts zum erliegen.


Seit dem 26. Februar 1919 hat der Verein seinen heutigen Namen, FV Olympia 04 Laupheim. Auch sportlich ging es bei den Olympianern bergauf, bis 1921 war die A-Klasse erreicht, 1927 konnte gar der Aufstieg in die damals zweitklassige Kreisliga erreicht werden. Zum damaligen Zeitpunkt gehörte Oberschwaben Fußballtechnisch zum Bezirk Südbayern. Erst 1933/34 ging es für Laupheim in württembergische Ligen, wo 1934 gar der Aufstieg in die Bezirksklasse gefeiert werden konnte. In der Abteilung 5 (Bodensee) trafen die Olympianer auf Mannschaften wie VfB Friedrichshafen, Mengen oder Biberach, in den Folgejahren auch auf Ulm.

Bezirksklasse (2. Liga) im Oktober 1937.
Laupheim siegreich gegen Weingarten, Normannia in Schorndorf
Ein großer Sprung nach Oben in die Gauliga gelang den Laupheimer indes nie. 1938 mußten die Laupheimer die Staffel wechseln. Nachdem durch den sogenannten Anschluß Österreichs die Bodensee-Staffel mit Vorarlberg vereint wurde, spielten die Laupheimer nun in der Staffel Alb gegen Eislingen, Uhingen oder Göppingen, während Normannia in die Staffel Stuttgart wechselte. Im Zweiten Weltkrieg war Laupheim der 1. Klasse Ulm zugeteilt.

Mit Kriegsende 1945 wurde Olympia Laupheim wie alle Vereine in der französischen Besatzungszone aufgelöst und unter neuem Namen als Großsportverein wiedergegründet. Im Falle Laupheims bedeutete dies 1946 die Neugründung als SV Laupheim, wobei der Tennisclub und der Turnverein 1862 miteinflossen. Mit einem 6:1 in Weingarten gegen den SV Biberach qualifizierte sich der Club für die Zonenliga Südwest, Gruppe Süd, wie die Oberliga in der französischen Zone hieß. Allerdings stiegen die Laupheimer in der Saison 1947/48 gleich wieder ab. Als TSV Olympia Laupheim ging es 1948 in der Amateurliga Südwürttemberg weiter, und ab 1950 trennten sich die Wege des TSV 1862 Laupheim und des FV Olympia Laupheim.

1950 erfolgte die Vereinigung des Nord- und Südwürttembergischen Fußballverbandes zum heutigen WFV. Gleichzeitig erfolgte die Einführung de gemeinsamen 1. Amateurliga Württemberg, die allerdings sehr chaotisch aus der Taufe gehoben wurde. Während die ersten Mannschaften (u. a. Normannia) bereits die ersten Punkte ermittelten, standen noch gar nicht alle Teilnehmer fest. Laupheim mußte durch die Mühlen der Qualifikation gegen den SC Schwenningen, Trossingen und dem FC Tuttlingen, und ursprünglich landete der Club nur auf Platz 3 hinter Schwenningen und Trossingen und hätte sich normalerweise nicht qualifiziert. Normalerweise. Denn während die Saison schon lief, wurden die Schwenninger vom Rechtsausschuß des DFB nachträglich disqualifiziert und Laupheim in das württembergische Oberhaus gerückt. Ironischerweise mußten die Laupheimer nicht nur den Ligaplatz des SC Schwenningen übernehmen, sondern auch dessen bereits absolvierten Ergebnisse! Und somit hatte Olympia bereits 1:3 Punkte, als der Club am 30. September 1950 mit einem Heimspiel gegen Weingarten ins Geschehen eingriff. Denn Schwenningen unterlag in Untertürkheim mit 1:2 und spielte beim Lokalrivalen VfR Schwenningen 0:0 - und diese Ergebnisse werden in der einschlägigen Literatur auch heute noch dem FVOL zugeschlagen, der doch daran völlig unschuldig war. Zu allem Unglück stieg man auch gleich ab - mit einem Punkt Rückstand auf Normannia Gmünd...

Es folgten 10 Jahre in der 2. Amateurliga, wobei der Club 1958 noch einmal ans Tor zur 1. Amateurliga klopfte und in den Aufstiegsspielen erneut auf Normannia traf, jedoch scheiterten beide Teams. So blieb es der Gründung der Schwarzwald-Bodensee-Liga vorbehalten, die Oberschwaben wieder nach Oben zu befördern. Mit Karl Glaser und Alfred Neubrand gingen sogar zwei Spieler an den Start, die noch 10 Jahre vorher in der 1. Amateurliga dabei waren.

Tribüne von 1966.

Spuren der Vergangenheit: Ajax was here.
1964 war dabei ein doppel denkwürdiges Jahr für den Verein. Zum einen brannte das Vereinsheim ab, zum anderen wurde erstmals das berühmte Jugend-Osterturnier veranstaltet, der berühmte Mannschaften wie Arsenal London, Galatasary Istanbul, Bolton Wanderers oder Ajax Amsterdam ins Olympiastadion brachte und teilweise bis zu 10.000 Zuschauer begeisterte sowie Kamerateams der ARD-Sportschau nach Laupheim führte. 2013 wurde das Turnier eingestellt.


1967 erfolgte der erste Abstieg aus der SWBL, allerdings konnte der Verein 1970 Meisterschaft und Wiederaufstieg feiern. Bereits 1971 ging es wieder hinab, und bis zur Ligareform 1978 in Baden-Württemberg spielte die Olympianer erfolgreich in der Staffel 5 der 2. Amateurliga, ohne jedoch noch einmal im Oberhaus anklopfen zu können.


1978 wurde Laupheim Gründungsmitglied der Landesliga Staffel 4, aus der sie 1985 als 17. absteigen mußten. Nach dem sofortigen Wiederaufstieg erinnerten sich die Oberschwaben an ihre alten Stärken, wurden auf Anhieb Vierter. Auch in der Folge spielte man sehr oft oben mit, 1992 jedoch folgte der erneute Sturz in die Bezirksliga Riß. aus der man erst 1994 wieder nach oben gelangte.

Ein großer Erfolg in der jüngeren Vergangenheit war 2003 der Aufstieg in die Verbandsliga Württemberg, in die Normannia im Jahr zuvor ebenfalls aufgestiegen war. Damals war man sehr ambitioniert in Laupheim, versuchte man gar einen Durchmarsch in die Oberliga. Der Aufstieg war allerdings den Normannen unter Trainer Alexander Zorniger sowie dem Heidenheimer Sportbund vorbehalten. Laupheim schloß mit einem hervorragenden vierten Platz ab, Saisonhöhepunkt war das Freundschaftsspiel gegen den FC Bayern München zur Hunderjahrfeier, das die Laupheimer gegen die in Bestbesetzung antretenden Bayern mit 2:0 gewannen - ein Ergebnis, das in der gesamten Republik für Schlagzeilen sorgte und von 11.000 Zuschauern vor Ort live erlebt wurde.

Alte Damen am Herzen.
In der Folgesaison klopften die Laupheimer nochmals am Oberligator, mußten aber als Dritter dem TSG Balingen den Vortritt in die Relegation lassen. Auch 2006 - in jenem Jahr war die Nationalmannschaft von Togo Gast im Olympiastadion - hatte man die Chance, aber in den Folgejahren reichte es nur noch für Mittelfeldplätze, und 2012 stieg Laupheim ab. Zwar hätte der prompte Wiederaufstieg folgen können, doch bereits das erste Relegationsspiel ging gegen den VfL Nagold verloren.

Eindruck vom Hinspiel.
2014 war es endlich wieder soweit: Laupheim kehrte als Meister der Landesliga zurück ins württembergische Oberhaus. Allerdings steht man hier schon wieder mit dem Rücken zur Wand. Das Aufeinandertreffen im Schwerzer blieb uns Fans in angenehmer Erinnerung, nicht nur wegen dem Sieg sondern auch wegen den Laupheimer Zuschauern, mit denen man sich glänzend unterhalten und voller Spaß an der Freude ein Bier trinken konnte. Bei dieser Gelegenheit kassierte Mario einen Laupheim-Schal, allerdings mit dem Versprechen, ihn im Rückspiel wieder mitzubringen.



Gesagt, getan. Dankenswerterweise durften wir beide sogar im Mannschaftsbus mitfahren, was die Reise nach Oberschwaben zu einem ganz neuen Erlebnis machte. Das Olympiastadion atmet dann auch regelrecht Geschichte und ist Zeitzeuge glorreicher vergangener Tage, andererseits hat der Zahn der Zeit kräftig an der Anlage genagt.

"Im Namen der Normannia nehme ich Besitz vom Stadion"

Nico Schoch, der als einziger der Fangruppe "12. Mann" die Reise nach Laupheim mitmachte, nutzte derweil die Gunst der Stunde und okkupierte 6 Fahnenmasten. Analog historischer Entdeckungsreisen wandelte er das altehrwürdige Olympia-Stadion für 90 Minuten in ein Normannia-Stadion. Das brachte im zwar kurz vor Anpfiff einen Anpfiff ein, aber die Gemüter beruhigten sich auch wieder schnell.

Einer von 80 Zuschauern. Leider kein Fanandrang in Laupheim
Der Zuschauerzuspruch in Laupheim war leider sehr gering. 80 Gäste, die sich für den Verbandsligafußball interessierten, passierten das Kassenhaus. Das ist sehr schade in dieser Stadt, und gerade im Abstiegskampf braucht der Verein jedwede Unterstützung. So aber haben es selbst Minimalstansammlungen, wie sie nun mal Nico, Mario und ich darstellten, die Option aus einem Laupheimspiel ein Heimspiel zu machen.

Mal schrecklich laut....
....mal seriös: Nico Schoch










Ein älterer Laupheimer Fußballgetreuen, der zunächst ebenso wie wir bei den Fahnenmasten stand, vergraulten wir durch unser "Schrägtongejaule". "Oh, seids mir net bös, aber i woll in Ruhe a Fußballschpiel gucken und ned euren Lärm ahöra" und machte sich von dannen. Er tat mir Leid. Das war bestimmt seit Jahren sein Stammplatz, und dann kommen so Fußballkasper aus dem Remstal und machen Krach für Zwölf....

Munteres Fußballspiel vor trauriger Kulisse.

Die Vorbedingungen des Spiels waren recht klar und eindeutig. Laupheim mußte möglichst alle drei Punkte einsammeln, um im Kampf gegen den Abstieg noch bestehen zu können. Die Normannen kämpften um einen Kasten Goldochsen-Bier, den wir "Alde Seggl" den Schwerzer-Jungs im Falle eines Sieges versprochen haben.

Die Olympianer legten auch dem Ernst der Stunde angemessen zwei oder drei Gänge ein und bedrängten das Tor von Magnus Burkhardt, der sich über mangelnde Beschäftigung nicht beschweren konnte.

"Gib mich die Kirsche!" - Laufduell zwischen Guiseppe Catizone
und Laupheims Simon Hammerschmied.

Schiedsrichter Marc List und seine Assistenten Tim Weber
und Darwin Veser hatten alle Hände voll zu tun.
Kurz vor Halbzeit, in der 41. Minute, hätte Michael Wiest den FV Olympia in Führung schießen müssen, jedoch zeigte der Linienrichter Abseits an. Zur Pause stand somit ein torloses Unentschieden zu buche. Für Laupheim eindeutig zu wenig.

Während ich den Kiosk aufsuchte, wurde ich dann auch herzlich von unseren Hinspielgästen erwartet. Das ist halt das schöne am Amateurfußball: man bewegt sich frei im Stadion, unterhält sich und feiert mit Fans des anderen Vereins, findet neue Freunde. Denn auch wenn Oberschwaben einen anderen schwäbischen Dialekt als wir Remstäler haben, so spricht man im Amateurfußball doch die gleiche Sprache.

Kopfballduell in Halbzeit Zwo.

"Werft den Purschen zu Poden" - Marius Nuding

FCN-Präsident Dieter Weil hat nur Augen für die Bundesliga

Auch die zweite Halbzeit war von gegenseitigem Anrennen aufs Tor geprägt, langweilig wurde es den wenigen Zuschauern nicht. Als Manuel Seitz im Laupheimer Strafraum zu Boden geht, fordern wir alle einen Elfmeter, doch der Pfiff ist aus. Jenseits der rot-weißen Brille muß ich allerdings gestehen, das ich wie schon beim Abseitstor der Laupheimer auch hier die Situation nicht richtig gesehen habe. Im Endeffekt muß man es wie Laupheims Co-Trainer Lemke sehen: "Wenn der SChiedsrichter nicht pfeift, ist es kein Elfer".

Elfmeter oder nicht?

Aber dann kam für Laupheim die verhängnisvolle 83. Minute. Zunächst wechselt Beniamino Molinari Mihael Jakovljevic für Marius Nuding ein, dieser bekommt von Felix Bauer den Ball zugespielt und schon hat er das Leder im Tor von Manuel Fetzer versenkt. Das ging quasi im Sekundenschritt und brach den Laupheimern, die zu diesem Zeitpunkt durch eine Gelb-Rote Karte in Unterzahl spielten, das Genick.

Das goldene Tor durch Jakovljevic.
Normannia schaukelte den Punktgewinn über die Zeit. Durch diesen Sieg ist sogar noch Tuchfühlung auf den vierten Platz hergestellt, während mir die Laupheimer Leid taten. Die Abstiegskonkurrenz war überall erfolgreich, und so bestehen jetzt nur noch minimale rechnerische Chancen, den Relegationsplatz verlassen zu dürfen. Die historische Bilanz in Liga- und Relegationsspielen hat sich mit 7 zu 1 Siegen weiter zugunsten der Normannen verschoben, wichtiger war den Jungs aber die von den "Alden Seggl" ausgelobte Siegprämie in Form des Kasten Goldochsen-Biers.

Auswärtssieg!
Anerkennung fanden wir - und das ist bemerkenswert - durch die Laupheimer Spieler, denen es auch mal gefallen würde, lautstark unterstützt zu werden, was sie in meinen Augen auch verdient hätten.

Der verletzte Stammtorwart Julius Lense mit geztreuen Fans.
Wir mischten uns noch ins Vereinsheim und tranken mit unseren Laupheimer Freunden gemütlich ein Bierchen. Ein "Alder-Seggl-Schal" wechselte zuvor noch den Besitzer, und eine Laupheimer Chronik legte ich mir auch noch zu. Alles in allem ein schöner Tagesabschluß. Wir versprachen unseren herzlichen Gastgebern, Olympia die Daumen zu drücken, wenn es durch die Tretmühlen der Relegation geht: denn das wir nächste Saison wieder nach Laupheim wollen, steht ja mal sowas von fest. Fans von Traditionsvereinen müssen einfach zusammenhalten.



Spielberichte:
Schwäbische Zeitung: Bittere Niederlage für Olympia
Olympia Laupheim: Die Leistung stimmt, das Ergebnis nicht




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